„Zement ist für die Bauindustrie ein unverzichtbares Element – und wird es wohl auch bleiben. Die Zement-Herstellung ist allerdings enorm energieintensiv und es werden große Mengen CO2 dabei freigesetzt: Rund 40 Prozent des CO2-Ausstoßes entsteht durch die Energie-Zufuhr, 60 Prozent durch den Prozess der Zersetzung von Kalkstein. Die Zement-Industrie versucht, die 40 Prozent der Energie-Zufuhr CO2-frei zu gestalten. Das ist heute durch Rückgriff auf alternative Energie-Quellen möglich. Der CO2-Ausstoß, der durch die Kalkstein-Verbrennung entsteht, bleibt jedoch für diese Branche ein Problem, da dieser Prozess noch nicht durch andere chemische oder mechanische Prozesse ersetzbar ist. Mit Blick auf das Ziel der EU, im Jahr 2050 die erste CO2-neutrale Region der Welt zu sein, stellt sich die Frage, wie eine solche Industrie eine Senkung des CO2-Austoßes bis 2030 um 55 Prozent und bis 2050 um 100 Prozent erreichen kann“, erklärt der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont zum Hintergrund seines Besuchs der Zementfabrik des Konzerns HeidelbergCement in Lixhe bei Visé. Dort steht eine Pilotanlage für das so genannte Carbon-Capture-Storage-Verfahren, kurz CCS.

CCS – ein Schlagwort, das bei der Diskussion um den Klimaschutz und die Vermeidung von CO2 in unserer Atmosphäre immer öfter genannt wird. Bei CCS geht es um die Möglichkeit, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, indem CO2 abgeschieden und anschließend gespeichert wird. Die CCS-Versuchsanlage in Lixhe wird von der Europäischen Kommission mit Forschungsgeldern in Höhe von zwölf Millionen Euro aus dem Horizont 2020 Forschungs- und Entwicklungsprogramm unterstützt. Konsortiumspartner steuern insgesamt neun Millionen Euro bei. Die im Mai 2019 fertiggestellte Anlage soll zwei Jahre lang unter normalen Betriebsbedingungen getestet werden. Ziel ist es, CO2 in hochreiner Form abzuscheiden, das bei der Verbrennung von Kalkstein entsteht, und damit den ökologischen Fußabdruck der energieintensiven Zement- und Kalkproduktion zu reduzieren.

„Natürlich dürfen die rund 50.000 Arbeitsplätze der Branche in Europa nicht in andere Teile der Welt exportiert werden. Darum brauchen wir jetzt Übergangslösungen, die die Produktion von Zement in Europa mit unseren Klimaschutzzielen vereinbar machen“, erklärt Arimont weiter. Der EU-Abgeordnete ist sich der Kritik an CCS-Verfahren allerdings sehr bewusst. „Eine Nutzung der Technik darf nicht als Ausrede oder Freischein dafür genutzt werden, weiter munter Kohle und Öl zu verbrennen und CO2 unter der Erde zu speichern. Hinzu kommt, dass diese Technik sehr teuer und nicht risikofrei ist“, macht Arimont deutlich. „Als Übergangslösung für Branchen, in denen wie bei der Zementherstellung bzw. der Verbrennung des Kalksteins zwangsläufig CO2 anfällt, dürfen wir solche Mechanismen jedoch nicht vorschnell ausklammern, wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen und gleichzeitig die Arbeitsplätze vor Ort erhalten wollen. Auch der Weltklimarat beschreibt das CCS als eine Möglichkeit, eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter zwei Grad zu erreichen“, so der EU-Abgeordnete.

„Klar ist aber, dass solche Prozesse immer nur sehr begrenzt Anwendung finden können und der Großteil der Forschung auf CO2-Einsparung in den industriellen Prozessen angesetzt werden muss. Die Industrie muss insgesamt Anreize erhalten, innovativ zu sein und tatsächlich CO2-neutrale Techniken zu entwickeln. Das geht nur durch klare Vorgaben und gezielte Förderprogramme. Entscheidend war die Aussage der Experten, dass die Ziele bereits vor zehn Jahren so ehrgeizig hätten sein müssen, wie es uns heute vorschwebt, damit sich die Industrie überhaupt bewegt und das Ruder rumreißt. Das zeigt, dass wir die Vorgaben angesichts der großen Herausforderungen des Klimawandels jetzt hoch ansetzen müssen“, so Arimont abschließend.