Heute hat der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont die Verantwortlichen der belgischen Kinderschutzorganisation „Child Focus“ zu einem Arbeitsgespräch in Brüssel getroffen. Im Zentrum des Austauschs stand das Thema des Schutzes von Kindern im Internet.

Child Focus entstand vor 26 Jahren in Reaktion auf die Dutroux-Affäre. Der Dienst hilft bei der Suche nach vermissten Kindern u.a. über eine gebührenfreie Notrufnummer, unter der rund um die Uhr das Verschwinden aber auch sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen gemeldet werden kann. Dieser belgische Dienst hat durch seine effektive Funktionsweise mittlerweile weltweit eine Vorbildfunktion. Die Organisation führt darüber hinaus Sensibilisierungs- und Präventionskampagnen durch, um Kinder vor Missbrauch jeder Art zu schützen – auch vor Missbrauch im Internet.


Pascal Arimont mit Tijana Popovic und Sofia Mahjoub von Child Focus.

Child Focus fordert seit geraumer Zeit und sehr eindringlich eine strengere Gesetzgebung, um Kindesmissbrauch über das Internet sowie Kinderpornographie effektiver zu bekämpfen. „Über 60 Prozent des weltweiten Materials zum sexuellen Missbrauch von Kindern wird nach Angaben der EU-Kommission auf EU-Servern gehostet. Das zeigt, dass wir das Internet dringend viel konsequenter und strenger regulieren müssen! Wir wollen Online-Dienstanbieter wie soziale Medien und Messenger-Dienste dazu verpflichten, Material über sexuellen Kindesmissbrauch oder das so genannte „Grooming” (Kontaktaufnahme Erwachsener mit Minderjährigen in Missbrauchsabsicht) aufzudecken, zu melden, zu sperren und aus ihren Diensten zu entfernen. Bislang sind solche Maßnahmen für die Dienste rein freiwillig – und das reicht ganz offensichtlich nicht aus“, erklärt Pascal Arimont zum Hintergrund des Austauschs.

„In den letzten Jahren ist die Gefahr des sexuellen Missbrauchs im Internet immer stärker in den Vordergrund der Arbeit von Child Focus gerückt. Das ist zusätzliche Arbeit, die auf diesen Dienst zugekommen ist. Und die Botschaft von Child Focus ist eindeutig: Wir müssen alles tun, was wir können, um die Schwächsten in unserer Gesellschaft zu schützen. Gegenwärtig gelingt uns das zu oft nicht. Wir haben mit dem sogenannten DSA („Digital Services Act“) einen ersten Rechtsrahmen geschaffen, der Plattformen wie Facebook, TikTok oder Snapchat Regeln der Transparenz und des Verbotes von gezielter Werbung für Kinder auferlegt. Das Kapitel ‚Schutz der Kinder‘ im Artikel 28 ist aber zu vage definiert, um als scharfes Schwert gegen illegale oder kinderpornographische Inhalte wirklich vorgehen zu können. Auch der Vorschlag einer spezifischen Verordnung für die Aufdeckung, Beseitigung und Meldung von Inhalten, die Online-Inhalte über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen betreffen (CSAM oder ‚Child Sexual Abuse Material‘-Verordnung), wurde noch nicht verabschiedet. Technologien zur Aufdeckung dieser Materialien sind vorhanden und können viel gezielter eingesetzt werden, um Kindesmissbrauch flächendeckend einzuschränken. Ziel muss es sein, dass Online-Dienste in der EU dazu verpflichtet werden, dieses Material aufzudecken, zu melden und zu entfernen, unabhängig davon, wo sie ihren Sitz haben. Das EU-Parlament hat seine Arbeit zu dem entsprechenden Gesetz, das die Kommission im Frühjahr 2022 vorgeschlagen hatte, bereits beendet. Die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten sind aber immer noch nicht gestartet, weil sich die EU-Mitgliedstaaten nicht auf einen gemeinsamen Verhandlungsstandpunkt einigen konnten. Das ist inakzeptabel. Hier gilt es, den Druck weiter aufrecht zu erhalten, damit eine neue Gesetzgebung in diesem Sinne schnell in Kraft treten kann“, unterstreicht Arimont.

Das Gesetz sieht auch die Einrichtung eines EU-Kinderschutzzentrums vor, das bei der Umsetzung der neuen Vorschriften helfen und Internetanbieter bei der Aufdeckung von diesen Materialien unterstützen soll. „Das wäre dann auch ein wichtiger Partner für Child Focus bei uns in Belgien. Wir brauchen dringend Kooperationen über unsere Grenzen hinaus, um das Problem endlich gesamteuropäisch strategisch anzugehen“, fügt der ostbelgische EU-Abgeordnete hinzu. „Ein weiteres wichtiges Element ist es, den Zugang von Kindern zu bestimmten Online-Diensten wie sozialen Medien oder Messenger-Diensten erst ab einem bestimmten Alter zuzulassen. Hier sind die Vorgaben viel zu lasch und Kontrollen finden nicht wirklich statt. Ich habe die EU-Kommission dazu aufgefordert, an dieser Stelle unbedingt nachzubessern. Wir sollten auch nicht die Augen davor verschließen, dass mit KI-Anwendungen in all diesen Bereichen ein regelrechter Tsunami auf uns zurollt, dem wir nur begegnen können, wenn wir strenge und sehr schnell durchführbare Regeln haben. Daher ist keine Zeit zu verlieren und dies sollte auch eine Priorität des nächsten Parlaments sein“, so Arimont abschließend.