Mit rund 120 Gästen fand am 2. Mai 2017 der Diskussionsabend „Was denkst Du? – Brexit: Gefahr oder Chance für die EU?“ im Eupener Jünglingshaus statt. Eingeladen hatte der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP). Gastredner war Elmar Brok (CDU), Brexit-Koordinator der EVP-Fraktion und langjähriger Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, der bei einem Impulsreferat über die Einzelheiten der anstehenden Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien berichtete. Bei einer durch Colin Kraft moderierten Diskussionsrunde, an der auch Michel Horn, ostbelgischer Unternehmer, sowie die in Ostbelgien beheimateten Briten Hugh Featherstone und Paul McKelvie teilnahmen, ging es u.a. um die praktischen Folgen des Brexit und um die Zukunft der EU.
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Gleich zu Beginn seines Impulsreferates machte Brexit-Koordinator Elmar Brok deutlich, dass die Austrittsverhandlungen für die Briten keine einfache Sache werden. „Die Einigkeit zwischen den 27 Mitgliedstaaten ist so stark wie kaum zuvor“, machte Brok deutlich. Es werde bei den Verhandlungen keine Geschenke geben. Ein Austritt bringe für Großbritannien weitreichende Folgen mit sich: Auf rund 60 Milliarden werden allein die Summen geschätzt, die die Briten der EU über ausstehende Haushaltsverpflichtungen schuldig werden.
Nach den zwei Jahren der Austrittsverhandlungen beginne dann aber erst der für die Briten entscheidende Teil: die Verhandlung eines Freihandelsabkommens. Auch hier dürfe sich Großbritannien keine Illusionen machen, denn diese Verhandlungen könnten sich über viele Jahre hinausziehen. Dabei sei aber auch klar, dass sich die Briten an die in der EU geltenden Standards halten müssten. „Warum sollten wir Produkte zum Import erlauben, die nicht unseren eigenen Standards entsprechen?“, fragte Brok in den Raum.
Entschieden blieb Elmar Brok bei der Einschätzung, dass es durch den Brexit auf keiner Seite nur Gewinner geben werde. Viele Probleme, die durch die Europäische Union beispielsweise zwischen Großbritannien und Irland gelöst werden konnten, drohten nun wieder aufzubrechen. Hier gelte es, für die Menschen vor Ort die bestmöglichen Lösungen zu finden. Allerdings biete der Brexit auch Chancen. In der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beispielsweise könnten die restlichen EU-Staaten nun entschiedener vorgehen, da die Briten hier in der Vergangenheit immer auf die Bremse gedrückt hatten.
In der auf das Impulsreferat folgenden Diskussionsrunde wurde sowohl auf die praktischen Folgen des Brexit als auch auf generelle Fragen zur Zukunft der EU eingegangen:
Der seit vielen Jahren in Eupen beheimatete und aus Nordengland stammende Paul McKelvie berichtet über seine ganz persönlichen Probleme, die ein Brexit nach sich ziehen könnte: „Wird meine Pension in dieser Form noch weiter ausgezahlt? Wie steht es um meinen Verbleib in der Krankenasse?“. Der ebenfalls in Eupen beheimatete Brite Hugh Featherstone beschrieb die aktuelle Stimmungslage in England sogar als „düster“. Leidenschaftlich argumentierte er für ein starkes Europa, das den immer stärker werdenden Nationalismus überwinden müsse. Er beklagte, dass es im Vorfeld des Referendums an einer entschiedenen pro-europäischen Kampagne gefehlt habe.
Michel Horn berichtete aus seiner Position als Geschäftsführer der international agierenden Firma Ortis aus Elsenborn. Der Brexit müsse als ein Weckruf für die Europäische Union gelten. Die antieuropäischen Tendenzen dürften sich nicht wie eine ansteckende Krankheit auf weitere Länder – wie etwa Niederlande und Frankreich – ausbreiten. Die europäische Zusammenarbeit sei insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen wichtig, da sie sehr viele Hindernisse abbaue. Allerdings müsse die EU-Kommission lernen, wieder näher an die Menschen vor Ort zu rücken.
Nach einer Fragerunde durch des Publikum zog der Gastgeber Pascal Arimont bezüglich der Ausgangsfrage „Brexit: Gefahr oder Chance?“ sein persönliches Fazit: „Natürlich hat sich niemand den Brexit gewünscht. Die 27 Mitgliedstaaten verlieren einen starken Partner an ihrer Seite. Allerdings trägt der Austritt der Briten aktuell zu einer Selbstvergewisserung der EU bei. Die Menschen werden erkennen müssen, dass ein einziger Staat in der globalisierten Welt nicht erfolgreich bestehen kann. Für die Bekämpfung des Terrors, den Schutz unseres Klimas, den Absatz unserer europäischen Waren in der Welt braucht es die europäische Zusammenarbeit. Diese Chancen, die uns dieses Projekt bietet, dürfen der folgenden Generation nicht genommen werden. Darum müssen wir heute mehr denn je für Europa einstehen“.
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