Als Verhandlungsführer der EVP-Fraktion im Rechtsausschuss des EU-Parlaments hat der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont eine Reihe an Vorschlägen dazu ausgearbeitet, wie die Belange von Kindern vor Gericht besser berücksichtigt werden können. Der entsprechende Bericht ist mit 529-Ja zu 49-Nein-Stimmen und 52 Enthaltungen im Straßburger Plenum angenommen worden.

In meinem Berufsleben als Anwalt habe ich viele verschiedene Situationen erlebt, bei denen es vor Gericht um rechtliche Fragen ging, die die Zukunft eines Kindes maßgeblich betreffen. Dadurch ist mir bewusst geworden, wie wichtig es ist, juristische Verfahren auf die besondere Situation von Kindern anzupassen. Kinder verstehen oft nicht, welche Rolle sie in diesen Verfahren spielen, welche Interessen sie tatsächlich vertreten oder gar vertreten sollen und wie solche Verfahren funktionieren. Und die Thematik bleibt relevant: Die Zahl der Scheidungen und Trennungen mit anschließenden Sorgerechtsfragen nehmen zu. Kinder sind auch häufig Opfer von häuslicher Gewalt. Mit dem heute verabschiedeten Bericht wollen wir als EU-Parlament darauf aufmerksam machen, dass die Interessen des Kindes und seine Rolle in einem Gerichtsverfahren bei all diesen rechtlichen Streitpunkten eine besondere Herangehensweise erfordert. Gerade weil Kinder unseren besonderen Schutz brauchen, müssen wir juristische Verfahren anpassen und alternative Streitbeilegungsmethoden vorsehen“, erklärt Arimont zu dem Text, über den er sich im Vorfeld auch mit belgischen Jugendrichtern aus Eupen und Dinant ausgetauscht hatte.

Wir betonen als Parlament fraktionsübergreifend, dass Kinder bei Gerichts- oder sonstigen Verhandlungen das Recht auf eine eigene Stimme haben. Hier ist also die Teilhabe ein wichtiges Argument, das entsprechend dem Alter und der Reife des Kindes bei Gerichtsverfahren gewährt werden muss. Kinder dürfen durch Gerichtsverhandlungen, die in für sie ohnehin schwierigen Rahmenbedingungen stattfinden, nicht weiter traumatisiert werden. Vielmehr müssen die Verfahren in einer angenehmen und kinderfreundlichen Umgebung stattfinden. Hier gibt es zwar Vorgaben für die EU-Mitgliedstaaten. Diese werden aber noch sehr unterschiedlich interpretiert und umgesetzt. Darum brauchen wir einen gesamteuropäischen Ansatz, um alle Kinder auf gleicher Ebene europaweit zu schützen und zu unterstützen. Kinder sollten, unabhängig von der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern, in allen Mitgliedstaaten in den Genuss der gleichen Rechte kommen. In grenzüberschreitenden Streitfällen ist es nach wie vor problematisch, dass zum Beispiel das minimale Anhörungsalter der Kinder von Land zu Land variiert. Auch die Rolle und Aufgabe des Rechtsbeistands der Kinder (Rechtsanwälte, Sozialarbeiter, etc.) unterscheiden sich von Land zu Land. Hier plädieren wir für mehr Vereinheitlichung. Das wäre gerade in einem Grenzgebiet wie Ostbelgien von Vorteil“, so Arimont.

Wir fordern die Kommission entsprechend dazu auf, gemeinsame Leitlinien mit bewährten Verfahren vorzulegen, die die Mitgliedstaaten befolgen sollten, um sicherzustellen, dass die Anhörung des Kindes entweder von einem Richter oder einem ausgebildeten Sachverständigen durchgeführt wird und dass kein Druck auf die Kinder ausgeübt wird, auch nicht vonseiten der Eltern“, so der ostbelgische EU-Abgeordnete.

Ganz konkret plädieren wir in dem Text im Falle von Trennungsfragen auch für eine Familienmediation, weil sich diese in vielen Fällen als schnellere und kinderfreundlichere Lösung des Konflikts erwiesen hat. Durch eine Mediation besteht die reelle Chance, Vereinbarungen zwischen den Eltern zu erleichtern, die das Kindeswohl achten und die emotionale Belastung für die Kinder verringern. Darum sollte über diese Möglichkeit europaweit besser informiert und auch das Personal des Justizwesens gezielt darin geschult werden“, so Arimont abschließend.