Die EU schickt sich derzeit an, insbesondere die großen Online-Plattformen strenger zu reglementieren. In dieser Woche hat das EU-Parlament seine Position zu dem Gesetz über digitale Dienste angenommen („Digital Services Act“ oder DSA). „Durch klare Vorgaben wollen wir die Rechte aller Nutzer des Internets besser schützen. Es kann nicht sein, dass sich Internetgiganten wie Google, Facebook oder Amazon aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung eigene Regeln schaffen. Auch sie müssen sich in einem Rechtsstaat an die Regeln halten, die der Gesetzgeber vorgibt. Was offline illegal ist, muss auch online illegal sein. Und dafür wollen wir auf europäischer Ebene klare Vorgaben machen“, erklärt der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont zum Hintergrund des Gesetzesvorschlags.
Der Vorschlag für das Gesetz über digitale Dienste soll u.a. neue Regeln in Bezug auf die Bekämpfung der Hasskriminalität in Internetforen und sozialen Netzwerken, den Schutz der Privatsphäre und den Umgang der Digital-Konzerne mit ihrer Datenmacht schaffen, aber auch zu einer Verbesserung der Rechenschaftspflicht und Transparenz in Bezug auf Online-Werbung und Algorithmen führen.
Aufgrund der besonderen Risiken, die soziale Netzwerke und Suchmaschinen bei der Verbreitung von illegalen Inhalten darstellen, sollen sie besonderen Verpflichtungen unterliegen. „Eine Anpassung der Gesetzeslage ist unabdingbar. Die geltende Gesetzesbasis auf europäischer Ebene in Bezug auf die digitalen Dienste stammt noch aus dem Jahr 2000. Die Geschäftsmodelle und Praktiken haben sich grundlegend verändert – und nicht nur zum Guten. Gefälschte Waren, Hassreden und Desinformation sind zuhauf im Internet im Umlauf. Auch ist noch zu intransparent, weshalb bestimmte Inhalte nur bestimmte Nutzer erreichen“, macht Arimont deutlich.
„Die so genannten Vermittlungsdienste, also Plattformen wie Amazon oder Facebook, sollen ihren Nutzern in einer knappen und leicht lesbaren Zusammenfassung die wichtigsten Elemente ihrer Geschäftsbedingungen darlegen, zum Beispiel, wie die Nutzung der Dienste beendet werden kann. Plattformen müssen auch die Verkäufer genauer prüfen, die Produkte und Dienstleistungen über ihre Dienste anbieten. Sie müssen zum Beispiel sichergehen, dass die angebotenen Produkte und Dienstleistungen mit den EU-Rechtsvorschriften übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall, müssen sie Angebote von ihrer Plattform entfernen und die zuständigen Behörden informieren. Hier wird also für mehr Klarheit und Sicherheit gesorgt für die Menschen, die über solche Plattformen einkaufen oder Dienste beziehen“, erklärt Arimont.
„Das Gesetz über digitale Dienste soll auch die Vorgaben für gezielte Werbung genauer regeln. Es gibt aktuell keinerlei Transparenz in Bezug auf Algorithmen und die Verwendung personalisierter Online-Anzeigen. Es soll transparenter gemacht werden, in wessen Namen eine Werbung online geschaltet wurde, wer sie finanziert und welche Parameter zur Bestimmung der Empfänger der Werbung verwendet wurden. Im Parlament setzte sich auch die Position durch, dass Minderjährige durch die neuen Regeln besser vor Direktmarketing und verhaltensbezogener gezielter Werbung geschützt werden müssen“, so der EU-Abgeordnete weiter.
„Algorithmen müssen insgesamt für die Nutzer transparenter gemacht werden. Die Plattformen sollen für die Entscheidungen ihrer Algorithmen stärker haftbar gemacht werden – zum Beispiel, wenn Inhalte, die Hass oder Fehlinformationen säen, stärkere Relevanz in einem Netzwerk erhalten als andere Inhalte. Nationale Regulierungsbehörden sollen das Recht haben, die Logik und Funktionsweise der angewandten Algorithmen erläutert zu bekommen. In Zukunft sollen die Plattformen der Internet-Riesen durch entsprechende Schutzmaßnahmen auch zur Entfernung illegaler Inhalte verpflichtet werden – dies nicht über einen Upload-Filter, sondern auf Basis von Meldungen oder Kontrollen. Und wer gegen diese Verpflichtungen verstößt, muss als Plattform mit Geldbußen rechnen, und zwar in Höhe von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes“.
Der im Plenum angenommene Text wird das Mandat des Parlaments für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten sein. „Insgesamt kann Europa, wie beim Thema Datenschutz bereits der Fall, durchaus eine Vorreiterrolle in der Welt übernehmen, wenn es darum geht, das Internet zu reglementieren. Hier kann die EU einen weltweiten Standard setzen“, zeigt sich Arimont überzeugt.
Das EU-Parlament und die EU-Mitgliedstaaten werden in der ersten Hälfte dieses Jahres im Rahmen des französischen Ratsvorsitzes über das Gesetz verhandeln.