Die Gefahren der Kernenergie machen an der Grenze nicht Halt. Es gibt daher wohl wenige Bereiche, die so grenzüberschreitend zu betrachten sind, wie die Sicherheit von Atomkraftwerken. In Ostbelgien und der gesamten Grenzregion bestehen nach wie vor erhebliche Zweifel an der Sicherheit der Atomreaktoren Tihange 2 und Doel 3. Bislang können nur nationale Behörden über das Herunterfahren oder die Schließung solcher Kernkraftwerke entscheiden. Wir brauchen aber eine echte europäische Aufsicht, um Situationen wie bei Tihange 2 und Doel 3 auszuschließen. Gemeinsam mit meiner Kollegin Sabine Verheyen und Bundestagsabgeordneten aus der Euregio habe ich den für Energie zuständigen EU-Kommissar auf diese Lage aufmerksam gemacht“, erklärt der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP) zum Hintergrund eines Arbeitsgesprächs mit dem Energie-Kommissar, das gestern in Brüssel stattfand.

Sich häufende Bericht über tausende Risse in den Druckbehältern der Reaktoren Tihange 2 und Doel 3 tragen nicht dazu bei, das Vertrauen in die zuständige nationale Sicherheitsbehörde FANK zu verbessern. Nicht zuletzt der belgische Experte Walter Bogaerts von der Katholischen Universität Leuven kam jüngst zu dem Schluss, dass die Risse in den Reaktordruckbehältern nicht mit unwesentlichen Herstellungsfehlern zu begründen seien. Da immer noch erhebliche Zweifel an der Sicherheit der Reaktoren bestehen, forderten die Abgeordneten bei dem Austausch mit Kommissar Cañete deren Schließung.

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Der Kommissar erklärte, dass seine Generaldirektion Überprüfungsmissionen („peer reviews“ oder „Kreuzgutachten“) in allen europäischen Staaten initiiert habe, in deren Rahmen bis Ende 2018 vor allem die Sicherheitslage in älteren Kernkraftwerken durch internationale Experten bewertet werde. Erste Berichte seien Anfang 2018 zu erwarten. Die Überprüfungen beruhen auf einer Anpassung der Richtlinie für nukleare Sicherheit aus dem Jahr 2014, die Belgien bislang noch nicht in nationales Recht umgesetzt hat. Der Kommissar betonte, dass die Kommission nach aktueller Rechtslage auch bei diesen Untersuchungen auf die Einschätzungen der nationalen Kontrollbehörden vertrauen müsse. Eine tatsächliche europäische Aufsichtsbehörde sei von den Mitgliedstaaten nicht gewollt, da diese die entsprechenden Hoheitsrechte nicht an die Ebene der EU abgeben möchten.

Zwingende europäische Standards für die Nukleartechnik und eine gemeinsame EU-Aufsicht sind nötig, damit die EU-Kommission künftig als neutrale Instanz eingreifen kann, wenn Zweifel an den Einschätzungen der nationalen Kontrollbehörden bestehen. Gemeinsam mit meinen Kollegen werde ich eine entsprechende Initiative im EU-Parlament starten, damit eine Debatte über die grenzüberschreitenden Gefahren der Nuklearenergie geführt wird, und daraus für ganz Europa die richtigen Schlüsse gezogen werden“, erklärte Arimont zum Abschluss des Arbeitstreffens.