Stellungnahme des ostbelgischen EU-Abgeordneten zum Vorschlags der EU-Kommission für einen Mehrjährigen Finanzrahmen (EU-Budget für die Jahre 2021-2027) durch den Haushaltskommissar Günther Öttinger im Europäischen Parlament in Brüssel:

Der heutige Haushaltsvorschlag, der noch mit Parlament und Mitgliedstaaten zu diskutieren sein wird, erhält einige positive und einige negative Punkte.

Positiv sehe ich die signifikanten Erhöhungen im Bereich der Sicherheit und beim Schutz unserer Außengrenzen. Genau in diesen Bereichen wurde von Europa zurecht immer wieder mehr Engagement gefordert. Hier soll mit dem neuen Haushalt auch endlich geliefert werden. Zusätzliche Mittel soll es ebenfalls für digitale Infrastruktur und Bildung geben. Die Mittel für das Erasmus+-Programm und Investitionen in Forschung und Entwicklung sollen beispielsweise verdoppelt werden. Das ist wichtig, damit Europa im globalen Wettbewerb am Ball bleibt und eigene innovative Produkte produzieren kann – und somit weniger abhängig von den Vereinigten Staaten oder China wird.

Ebenfalls begrüße ich die Kopplung gewisser Zahlungen an die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit. Durch einen neuen Mechanismus soll die Kommission Zahlungen an Mitgliedstaaten aussetzen können, wenn Defizite im Bereich Justiz oder Menschenrechte erkennbar werden. Das ist ein wichtiger Weckruf an Länder wie Polen oder Ungarn, die aktuell sehr stark vom EU-Budget profitieren, sich andererseits aber nicht mehr an die beim Beitritt festgelegten Regeln halten wollen. Das darf die EU nicht einfach hinnehmen. Es wäre also sehr begrüßenswert, wenn die Kommission in Zukunft auch finanziellen Druck ausüben könnte, um grundlegende EU-Werte zu schützen.

Bei den angekündigten Kürzungen im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Kohäsionspolitik um fünf, bzw. sieben Prozent bin ich auf der anderen Seite sehr alarmiert. Diese beiden Politikfelder berühren die Menschen in Ostbelgien direkt. Bei der Agrarpolitik müssen wir als Parlament genauestens analysieren, wie sich die von der Kommission angekündigte Verlegung der Prioritäten von einer reinen Flächenfinanzierung hin zu einer besseren Unterstützung der kleinen und mittleren Unternehmen im Haushalt tatsächlich auswirken wird. Offenbar möchte der Agrarkommissar die Unterstützung für Großbetriebe eingrenzen, um das eingesparte Geld für so genannte ‚Umverteilungszahlungen‘ an kleinere und mittlere Betriebe sowie Junglandwirte einzusetzen. Wir werden als EVP ganz genau darauf achten, dass diese Unterstützung für Familienbetriebe dann auch tatsächlich so kommen wird.

Für die Kohäsionspolitik ist es elementar, dass Projekte mit klarem europäischem Mehrwert – wie die vielen Interreg-Projekte in Ostbelgien – weiterhin in der aktuellen Form durchgeführt werden können. Dafür gibt es schon viele Mitstreiter im Parlament und im Ausschuss für Regionalpolitik, dem ich als Vizepräsident vorsitze. Dort hatten wir uns immer wieder ganz klar gegen Kürzungen im Bereich der Regionalpolitik ausgesprochen. Gerade wir Ostbelgier wissen als Grenzbevölkerung, welche tollen Projekte mit konkretem Mehrwert für die Bürger durch die europäische Kohäsionspolitik möglich werden. Die Regionalpolitik ist ein Aspekt, in dem Europa den Menschen wirkliche Erfolgsstorys liefern kann. Darauf hatten wir die Kommissarin bei ihrem Besuch in Ostbelgien sehr vehement hingewiesen. Das Parlament wird mit darüber entscheiden, ob das Budget in diesem Bereich so mitgetragen werden kann oder nicht. Hier stehen also noch sehr zähe und ernsthafte Verhandlungen bevor.