„Ist Freihandel grundsätzlich falsch?“, werde ich bei Diskussionen zum Thema TTIP häufig gefragt. Nein, Freihandel kann durchaus positive Mehrwerte für eine Wirtschaft schaffen. TTIP ist aber kein herkömmliches Freihandelsabkommen. TTIP betrifft grundlegende gesetzliche Anpassungen, die unsere bisherige Art der Gesetzgebung infrage stellen.

Bei der Frage zum Umgang mit TTIP haben wir es mit der prinzipiellen Frage zu tun, welche Rolle demokratische Prozesse innerhalb Europas in Zukunft noch spielen sollen.

Bis vor Kurzem war dem EU-Parlament das Verhandlungsmandat zu TTIP noch völlig unbekannt. Es wurde erst nach massivem öffentlichem Druck publiziert.

Die vollkommene Intransparenz der Verhandlungen hat zu massivem Misstrauen geführt. Und dieses Misstrauen sollte sich als durchaus begründet herausstellen.

Die EU-Kommission beteuert zwar mantrahaft, dass EU-Standards nicht abgeschwächt werden. Umfangreiche Studien zeigen jedoch, dass europäische Standards, die in demokratischen Prozessen erarbeitet wurden, bei den Verhandlungen zu TTIP sehr wohl zur Disposition stehen.

Ein Fallbeispiel sind die bislang geschützten geografischen Angaben von Lebensmitteln oder die festgeschriebenen Grenzwerte von Pestizidrückständen. Diese sollen ausgeklammert bzw. gesenkt werden.

Zudem sollen den europäischen Gesetzgebern durch die so genannte regulatorische Kooperation und durch private Schiedsgerichte regelrechte legislative Fesseln angelegt werden.

Und das von der EU-Kommission versprochene wirtschaftliche Wachstum? Dieses soll sich optimistischen Studien der Kommission zufolge auf 0,042 Prozent bis 2027 belaufen. Ist es uns das wirklich wert? Wäre es nicht viel sinnvoller, erst einmal den europäischen Binnenmarkt zu verbessern, der nach wie vor nicht einwandfrei funktioniert?

Vor dem Hintergrund dieser Risiken und Bedenken kann ich TTIP nicht befürworten.

Gemeinsam mit der CSP-Fraktion im PDG habe ich daher einen Resolutionsvorschlag hinterlegt, der einen Stopp der TTIP-Verhandlungen sowie ein neues Verhandlungsmandat einfordert, das auf breiter demokratischer Basis erarbeitet wird.

Nur so erreichen wir eine Form der Legitimität, die einer demokratischen EU würdig ist.

Ansonsten laufen wir Gefahr, für freien Handel teuer zu bezahlen.

Gastkommentar in der GrenzEcho-Ausgabe vom 2. Juni 2015