Das neue Handy geht nach fünf Monaten kaputt oder die gekaufte App funktioniert nach vier Wochen nicht mehr: Was nun? Bisher konnten Sie – im Falle des Handys – nur innerhalb der ersten sechs Monate Ihr Recht auf kostenlose Reparatur und Umtausch geltend machen, ohne etwas nachweisen zu müssen. Schon bald steht Ihnen dieses Recht doppelt so lange zur Verfügung, und zwar ein ganzes Jahr lang nach dem Kauf. Ähnliche Regeln sollen in Zukunft für Apps gelten: Verbraucher haben das Recht auf Behebung des Problems, Preissenkung oder sogar auf Beendigung des Vertrags und können eine volle Kostenerstattung fordern.

Diese und weitere Verbraucherrechte sind Bestandteil einer Einigung zwischen Parlament und EU-Ministerrat zum Warenhandel und zu digitalen Inhalten, die das Europäische Parlament heute formell mit großer Mehrheit angenommen hat. Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP) war der Verhandlungsführer des EU-Parlaments für die Warenhandelsrichtlinie und nahm somit auch maßgeblich auf die Verhandlungen über die digitale Inhalte-Richtlinie Einfluss. „Mit diesem neuen Rechtsrahmen stellen wir sicher, dass für die Verbraucher beim Einkauf überall in Europa die gleichen Rechte gelten“, so Arimont.

Dabei spielt es keine Rolle, ob das Handy im Geschäft oder online gekauft wurde, oder ein kostenpflichtiges Videospiel heruntergeladen wurde: In Zukunft gelten in der EU für alle Verbraucher die gleichen Regeln, so genannte Garantie-Rechte. Das bedeutet u.a., dass für Geräte und Software mindestens zwei Jahre Garantie angeboten werden müssen. Bisher galten diese Garantien entweder nicht für digitale Inhalte oder es gab keine einheitliche Regelung zwischen den EU-Mitgliedstaaten. „Wichtig war uns, dass sich die bereits bestehenden Garantiefristen in keinem Land verkürzen oder verschlechtern. Im Gegenteil, wir haben es geschafft, viele Verbraucherrechte zu stärken und auszuweiten“, macht Arimont deutlich. So muss der Verbraucher nicht mehr nach sechs Monaten den Beweis erbringen, dass seine gekaufte Ware von Beginn an mangelhaft war, sondern erst nach einem Jahr. Den EU-Mitgliedstaaten steht frei, diese Periode auf zwei Jahre zu erhöhen.

„Verbraucher sollten sich beim Einkauf von Waren über die Grenze hinweg keine Gedanken mehr über die unterschiedlichen Regeln der Länder machen müssen, sondern auf gleiche Rechte vertrauen können. Auch aus diesem Grund haben wir die vielen verschiedenen Regelungen harmonisiert und vereinfacht“, erklärt Arimont.

„Die neuen vereinbarten Regeln bringen aber nicht nur dem Käufer Vorteile. Auch kleine und mittlere Händler profitieren von den neuen Regeln. Wenn diese Betriebe Waren in andere Länder verschicken und verkaufen, dann müssen sie sich nicht mehr mit den unterschiedlichen Gesetzgebungen der Länder auseinandersetzen. Dadurch, dass wir EU-weit gleiche Rechte schaffen, schaffen wir Vertrauen und Rechtssicherheit. Diese Rechtssicherheit ist wichtig, weil auch der kleine Zwei-Mann-Betrieb die Chance verdient hat, sich an dem grenzüberschreitenden Handel, online und offline, zu beteiligen. Mit den neuen Regeln können sich die kleinen Betriebe das mit Sicherheit zutrauen und müssen keine Angst haben, von einem großen Unternehmen wie Amazon kontrolliert zu werden“, fasst der Ostbelgier zusammen.

Die neuen Regeln müssen nun auch offiziell vom EU-Ministerrat angenommen werden, so dass der Rechtsakt unterzeichnet werden und in Kraft treten kann.