Am gestrigen Abend fand in Kelmis (Café „Select“) die Info- und Diskussionsveranstaltung „WAS DENKST DU? – Flüchtlingskrise: Bedrohung oder Chance?“ der CSP statt. Den Christlich-Sozialen ging es dabei insbesondere darum, den Bürgern ein Forum für ihre persönliche Meinung und Fragen zu geben. Vor voll besetztem Saal berichteten Experten über die Hintergründe der Flüchtlingskrise und die aktuelle Situation in Belgien und Ostbelgien. „Wir haben heute mehrfach gehört, dass die Flüchtlingskrise beides sein kann: Eine Bedrohung, wenn sie weiterhin so unkoordiniert abläuft wie bisher, oder eine Chance, wenn wir uns auf faire Verteilungsmechanismen einigen können und auch echte Integration einfordern“, zog der Europaabgeordnete und CSP-Teamvorsitzende Pascal Arimont Fazit.
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Zahlen und Fakten
Bei einem einleitenden Faktencheck wurden zunächst einige Zahlen präsentiert: So erfuhren die Besucher u.a., dass in Belgien in diesem Jahr bereits 27.000 Asylanträge gestellt wurden, die Großzahl der Antragsteller männlich ist, die aktuelle Anerkennungsquote bei fast 50 Prozent liegt, und dass im Jahr 2013 durch Familienzusammenführungen rund 46.000 Personen nach Belgien gekommen sind. Drei Prozent aller Asylanfragen, die aktuell in der EU gestellt werden, entfallen auf Belgien.
Breit gefasste Expertenrunde
Zu der Expertenrunde zählten Menschen, die täglich mit Flüchtlingen in Kontakt stehen, wie Elmar Krings, ÖSHZ-Sekretär der Gemeinde Eupen, und Olivia Nistor, als Rechtsanwältin häufig mit dem Ausländerrecht befasst. Beide erklärten, welche Prozeduren Asylanwärter durchlaufen müssen, und welche Rechte und Pflichten in dem oftmals langwierigen Asyl-Prozess zu beachten sind. Daniel Franken, Geschäftsführer des Sozial- und Integrationsbetriebs BISA, berichtete von seinem Alltagsgeschäft: der Integration hiesiger und ausländischer Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt. Als Vertreter der Medien sprach GrenzEcho-Chefredakteur Lutz Bernhardt über die Verantwortung, sachlich über die Herausforderung der Flüchtlingskrise zu berichten, Informationen korrekt einzuordnen, und auch dort einen Riegel vorzuschieben, wo Rassismus und Gewalt propagiert werden.
Lage in Elsenborn nicht rosig
Kurt Hoffmann, Präsident des Roten Kreuzes Bütgenbach-Büllingen, das den Flüchtlingen im Lager Elsenborn zur Seite steht (Fedasil zeichnet sich für die Organisation verantwortlich), legte seinerseits eindringlich dar, dass die Verhältnisse der Unterbringung im Flüchtlingslager Elsenborn in seinen Augen aktuell mehr als fragwürdig seien. In diesem Rahmen ging er insbesondere auf fehlende hygienische Vorkehrungen („sechs Duschen für 200 Leute“, „keine Waschmaschine“) und auch ein Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten für die aktuell 580 in Elsenborn lebenden Flüchtlinge ein.
Integrationspflicht einfordern
Insgesamt war man sich einig, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in großen, abgeschotteten Strukturen wie in Elsenborn kontraproduktiv sei. Viele Migranten zieht es nach einer Anerkennung des Flüchtlingsstatuts zudem in eine Großstadt. Auch dort bleiben sie oftmals unter sich. „Abschottung führt genau zu dem, was wir vermeiden müssen: Die Schaffung von Parallelwelten, in denen sich Migranten von unserer Lebensrealität verabschieden und auch abdriften können. Und das ist gefährlich“, fasste Pascal Arimont zusammen. Kleine Strukturen seien zu bevorzugen, um Anonymität zu verhindern und funktionierende Integration zu erreichen.
In diesem Rahmen müsse auch klar sein, dass die Migranten die bei uns geltenden Regeln und Pflichten akzeptieren, und sich den kulturellen Gegebenheiten hier vor Ort (Gleichberechtigung von Mann und Frau, Primat des Rechtsstaats über die Religion,…) anpassen müssen. „Wir müssen Integration verpflichten. Wenn sich ein Migrant beispielsweise weigert, Anweisungen von einer Frau anzunehmen, dann geht das ganz einfach nicht“, so Arimont. Ein notwendiger Integrationsparcours wird in der Deutschsprachigen Gemeinschaft aktuell noch geprüft. Hier möchte die CSP darauf hinwirken, dass es – wie in Flandern und der Wallonie – zu einer schnelleren Umsetzung kommt.
Hilfsbereitschaft nicht überstrapazieren
Bei der Diskussion mit den Besuchern der Veranstaltung wurden Ängste und bestehende Probleme genauso offen und kontrovers angesprochen, wie konstruktive Lösungsanregungen und konkrete Hilfsangebote. „Aus dem, was gesagt wurde, lassen sich mehrere Lehren ziehen. Wir stehen selbstverständlich in der Pflicht, Kriegs- und Verfolgungsopfern zu helfen. Die Art und Weise, wie in Europa und auch in Belgien aber daran gearbeitet wird, ist planlos. Die Mitgliedstaaten müssen sich endlich auf eine faire Verteilung einigen. Außerdem brauchen wir eine funktionierende Registrierung an den Außengrenzen, um diese faire Aufteilung überhaupt zu ermöglichen. Die Menschen hier vor Ort dürfen bei aller Bereitschaft zu helfen – wie wir sie auch an diesem Abend erfahren haben –, nicht überstrapaziert werden. Denn die Gefahr ist groß, dass das Maß irgendwann voll ist“, so Pascal Arimont in seinem persönlichen Fazit.
Bei der CSP-Veranstaltung am Dienstag in Worriken zum gleichen Thema waren ähnliche Schlussfolgerungen gezogen worden.