Am 24. April hat der Ausschuss für Regionalpolitik des Europäischen Parlaments den Arimont-Bericht zu der so genannten „Brexit Anpassungsreserve“ mit großer Mehrheit angenommen (35 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme, 6 Enthaltungen). Damit konnte der Verhandlungsführer des Parlaments in dieser Akte, der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont, die schwierigen Verhandlungen zu einem parteiübergreifend breit akzeptierten Schluss im EU-Parlament bringen. „Ich bin sehr glücklich darüber, dass der Ausschuss mir als Verhandlungsführer ein so starkes Mandat für die nun anstehenden Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten gegeben hat“, erklärt Arimont im Anschluss an die Abstimmung.

Worum geht es bei der „Reserve für die Anpassung an den Brexit“? Mehr als fünf Milliarden Euro sieht die Europäische Union vor, um die vom Austritt Großbritanniens aus der EU am meisten betroffenen Mitgliedstaaten, Regionen und Sektoren zu unterstützen. Insbesondere für Belgien ist dies eine wichtige Hilfe, da das Land aufgrund der geographischen Lage starke wirtschaftliche Verbindungen mit dem Vereinigten Königreich hat.

Der von der EU-Kommission ursprünglich vorgeschlagene Verteilungsmechanismus dieser Mittel auf die Mitgliedstaaten war jedoch seit Beginn ein Zankapfel: Vor allem Frankreich stellte sich gegen die Bemessungsgrundlage, bei der der Anteil des Handels mit Großbritannien an der gesamten Wirtschaftsleistung eines Landes bemessen wird. In den mitberatenden Ausschüssen für Haushalt und Fischerei wurden andere Modalitäten vorgeschlagen, bei denen auch für Länder, die weniger hart vom Brexit getroffen sind, ein größerer Teil des Kuchens vorgesehen wird. „Wir haben uns bei den Verhandlungen aber immer wieder dafür eingesetzt, dass klare und messbare Kriterien als Basis für die Zuteilung der Mittel bewahrt bleiben. Das war ein Kraftakt, denn insgesamt wurden über 800 Änderungsanträge zu meinem Bericht eingereicht. Parallel stand ich auch mit den Vertretern und Botschaftern der Mitgliedstaaten in Kontakt, um die Sensibilitäten zu spüren und die Besonderheiten für jedes Land zu berücksichtigen. Das war die Basis für viele wichtige Kompromisse“, verdeutlich Arimont die Schwierigkeit der Verhandlungen. „Letztlich konnten wir die breite Mehrheit der Ausschussmitglieder von einer Logik glasklarer Kriterien überzeugen, wie sie jetzt zur Anwendung kommen, nämlich der Abhängigkeit der jeweiligen Wirtschaftsleistung eines Landes vom Handel mit dem Vereinigten Königreich“, so Arimont. Auf dieser Basis erhalten die hart getroffenen Länder wie Irland (1,064 Milliarden), Niederlande (810 Millionen), Frankreich (672 Millionen), Deutschland (591 Millionen) und Belgien (353 Millionen) nach wie vor die größten Beiträge aus der Reserve.

Die Auszahlung dieser Mittel soll nunmehr in drei Tranchen vorgesehen werden. Zwei Milliarden Euro der Mittel sollen jeweils in den Jahren 2021 und 2022 als Vorfinanzierung bereitgestellt werden. Die restliche Milliarde soll dann im Jahr 2025 auf der Grundlage der der Kommission gemeldeten Ausgaben unter Berücksichtigung der Vorfinanzierung ausgezahlt werden. Bei dieser letzten Tranche erhalten auch die Länder einen besseren Zugang, die sich bislang benachteiligt gefühlt hatten. Mit dem Rat (Vertretung der Mitgliedstaaten) konnten wir uns ebenfalls vorab auf diese Basis einigen, so dass ich hoffe, dass der Trilog (die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Mitgliedstaaten und Kommission,) relativ schnell abgewickelt werden kann“, erklärt Arimont. „Denn darum ging es mir bei den Verhandlungen seit Beginn: Dieser Vorschlag sollte zügig und unbürokratisch bearbeitet werden, damit die Hilfe schnell in den Regionen und bei den betroffenen Unternehmen ankommt. Unser Zeitplan für eine finale Einigung mit den Mitgliedstaaten ist der Juni, also noch innerhalb der aktuellen portugiesischen Ratspräsidentschaft. Da der Vorschlag der Kommission erst Ende letzten Jahres präsentiert wurde, kann man hier durchaus hervorheben, dass das Parlament oder die EU schnell agiert haben, um die größten Brexit-Probleme in den Griff zu bekommen. Dass ein Rechtsakt nach dem Vorschlag durch die Kommission innerhalb eines halben Jahres abgewickelt wird, ist eine absolute Seltenheit in Brüssel. Aber Krisenzeiten erfordern ein beherztes Vorgehen, damit die Unternehmen nicht im Regen stehen“, verdeutlicht der Ostbelgier.

Die für Belgien nach dieser Verhandlungsposition vorgesehenen 353 Millionen Euro wertet Arimont als Erfolg, da nach dem ursprünglichen Vorschlag u.a. der Franzosen ein Verlust von rund 130 Millionen gegenüber dem Kommissionsvorschlag gedroht hatte. „Dass wir einen ausgewogenen Verteilungsmechanismus erreicht haben, ist im Sinne aller. Denn dieses Geld muss eben dort vorgesehen werden, wo die Wirtschaft unter den Brexit-Folgen stark leidet – und das ist in Belgien einfach klar messbar der Fall. Auch die Wallonische Region kann diese Mittel dann nutzen, um ihre Unternehmen zu unterstützen – auch bei uns in Ostbelgien. Bei den Verhandlungen habe ich übrigens immer wieder Förderung von kleinen und mittleren Unernehmen, Selbständigen sowie örtlichen Gemeinschaften und Organisationen hervorgehoben“, so Arimont.

Das Parlament wird den Mandatsentwurf voraussichtlich in seiner ersten Plenarsitzung im Juni bestätigen. Die Gespräche mit dem Rat können anschließend offiziell beginnen.