Die Gefahren von Atomkraftwerken wie Tihange machen an den Grenzen nicht halt. Bislang können nur nationale Behörden über die Schließung solcher Kernkraftwerke entscheiden. Wir brauchen aber eine echte europäische Aufsicht, um Situationen wie bei Tihange und Doel auszuschließen. Denn in der gesamten Grenzregion bestehen große Sorgen und ernsthafte Fragen darüber, ob die Sicherheit gewährleistet ist“, erklärt der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont zum Hintergrund eines Arbeitsgesprächs mit der Führung der Direktion für nukleare Energie und Sicherheit der EU-Kommission in Luxemburg.

Bei dem Arbeitstreffen, an dem weitere Abgeordnete aus der Grenzregion teilnahmen, die wie Arimont eine Schließung der Meiler fordern, wurde die aktuelle Handhabe der EU-Kommission zur Kontrolle der europäischen Atomkraftwerke erörtert. Ziel ist es, durch eine gemeinsame Initiative im Europäischen Parlament eine EU-Aufsicht für Nuklearsicherheit zu erreichen. Diese Forderung wurde von den Abgeordneten bereits vor einigen Monaten an EU-Energiekommissar Miguel Arias Cañete herangetragen.

Nach aktueller Rechtslage ist die Kommission nämlich in vielen Fällen auf die Einschätzungen der nationalen Kontrollbehörden angewiesen. Die meisten Mitgliedstaaten sperren sich, weitere Hoheitsrechte im Bereich der Sicherheit an die EU abzugeben. Die Führung der Direktion für nukleare Energie und Sicherheit der EU-Kommission erklärte, dass sie alle aktuell zu ihrer Verfügung stehenden Mittel nutze, um die bestehende Lage objektiv bewerten zu können.

Problematisch im Falle Belgiens sei jedoch u.a., dass der belgische Föderalstaat immer noch nicht alle europäischen Vorgaben im Bereich der Nuklearsicherheit umgesetzt habe. So wurde ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Belgien eingeleitet, da das Land die Richtlinie 2014/87/Euratom noch nicht in nationales Recht verankert hat. Dabei schafft diese Richtlinie, die nach der Fukushima-Katastrophe veranlasst wurde, einige Verbesserungen. Sie verfolgt u.a. das Ziel, die Umsetzung EU-weiter Sicherheitsziele, die Erhöhung der Transparenz in Fragen der nuklearen Sicherheit und die Stärkung der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden zu erreichen.

Auf Basis der genannten Richtlinie werden zudem themenbezogene so genannte „Peer Reviews“, also Kreuzgutachten, zum Thema Reaktorsicherheit durchgeführt. Bei einem ersten „Peer Review“ wird aktuell das Thema „Alterungsmanagement“ von nuklearen Anlagen untersucht. Dies ist in Bezug auf den Fall Tihange von besonderer Relevanz. Die Gruppe der Europäischen Nuklear-Aufsichtsbehörden ENSREG führt zu den diesbezüglichen nationalen Berichten derzeit eine öffentliche Konsultation durch, bei der die Öffentlichkeit und Stakeholder ihre Bemerkungen bis zum 28. Februar 2018 einreichen können. Danach sollen nationale Aktionspläne für die Verbesserung der Sicherheit erarbeitet werden.

Tihange auch Thema einer parlamentarischen Anfrage im Parlament der DG

Auch im Parlament der DG wird das Thema Tihange erneut aufgegriffen. Der CSP-Fraktionsvorsitzende Jérôme Franssen hat eine schriftliche parlamentarische Anfrage an Ministerpräsident Paasch gerichtet, um zu erfahren, ob der Forderung nach der Abschaltung der Reaktoren Tihange 2 sowie Doel 3 in Brüssel seitens der DG-Regierung genügend Nachdruck verliehen wurde. Er erkundigt sich zudem darüber, ob die Regierung über die Enthüllungen zu den Precursor-Fällen am Reaktor Tihange 1 informiert wurde und ob die DG-Regierung im Konzertierungsausschuss auf die Umsetzung der hierüber genannten Richtlinie zur nuklearen Sicherheit (Richtlinie 2014/87/Euratom) gedrängt hat.

Es gibt genügend Gründe, Druck auf Innenminister Jambon auszuüben – insbesondere, da die Sicherheitslage von Tihange für unsere Region ungemein bedeutend ist. Wir erwarten, dass die Regierung hier den Worten auch Taten folgen lässt und die Forderungen unseres Parlaments in Brüssel tatsächlich vertritt“, so Franssen zum Hintergrund seiner parlamentarischen Anfrage.