Der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont spricht sich gegen den Vorschlag der europäischen Regierungschefs aus, einen Kommissionspräsidenten zu bestimmen, der im vergangenen Wahlkampf nicht als Spitzenkandidat angetreten war: „So geht es nicht. Diesen Vorschlag des Rates kann ich nicht unterstützen. Die Regierungschefs können nicht einfach so tun, als habe es keine Wahl gegeben“, so Arimont.
„Das ist keine persönliche Entscheidung gegen Frau von der Leyen, die sicherlich ihre Qualitäten mitbringt. Es geht um eine ganz prinzipielle Sache. Das Spitzenkandidaten-Verfahren sollte dazu dienen, das Vertrauen in die EU zu stärken und transparente Entscheidungsprozesse zu schaffen. Das hat 2014 auch wunderbar funktioniert. Die über 400 Millionen Wahlberechtigten in Europa konnten transparent darüber entscheiden, welchen Spitzenkandidaten sie mit ihrer Stimme unterstützen wollten. Nun kommen die Regierungschefs und machen dem gesamten Prozedere einfach so einen Strich durch die Rechnung. Das ist inakzeptabel, weil man dem Parlament – der Vertretung der Bürger – nicht das nötige Mitspracherecht einräumen möchte. Man sagt uns: ‚Redet ihr schon mal, wir entscheiden sowieso anders‘. Daran krankt Europa“, so Arimont weiter.
„Ich halte aber fest, dass letztlich das Parlament darüber zu entscheiden hat. Es handelt sich lediglich um einen Vorschlag der Regierungschefs, die jetzt nicht so tun können, als sei bereits alles entschieden. Es sollte in meinen Augen nicht sein, dass jemand Kommissionspräsident wird, der sich dem Wähler dazu vorher nicht transparent zur Wahl gestellt hat“, so der Ostbelgier. „Aus diesem Grunde werde ich auch nicht der Empfehlung der Regierungschefs für die Wahl des Parlamentspräsidenten folgen, sondern heute die Spitzenkandidatin unterstützen, die sich zur Wahl als Parlamentspräsidentin gestellt hat, und das ist Ska Keller von den Grünen“, erklärt Arimont.
„Die EU krankt sicher nicht daran, dass ihre Entscheidungsprozesse zu einfach wären. Ganz im Gegenteil: Sie muss viel transparenter und durchschaubarer werden. Das bedeutet: Raus aus dem Hinterzimmer! Diese Chance hat das Spitzenkandidaten-Prinzip gebracht. Diese Chance wurde verpasst. Das ist ein deutlicher Rückschritt für transparentere und demokratischere Prozesse in der EU. Die verlorene Zeit dieser nicht endenden Personaldiskussionen hätten wir viel eher dazu nützen sollen, klare inhaltliche Prioritäten für die Zukunft der EU – im Bereich Klimaschutz, soziale Sicherung, zukünftige Arbeitswelt – zu setzen“, macht Arimont am Rande der ersten Plenarsitzung des Europäischen Parlaments in der neuen Legislaturperiode deutlich.