Der ostbelgische Europaabgeordnete Pascal Arimont (CSP-EVP) sieht seine grundlegenden Vorbehalte gegen die Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP zwischen den Vereinigten Staaten und der EU durch die bekannt gewordenen TTIP-Leaks bestätigt. „Erstmals werden uns die tatsächlichen Verhandlungspositionen der Vereinigten Staaten ersichtlich. Das, was die Leaks bezüglich der Forderungen der USA ans Tageslicht fördern, bestätigt die Befürchtungen vieler TTIP-Kritiker und macht die Unterschiede zur EU-Herangehensweise nur noch deutlicher“, erklärt der TTIP-kritische Europaabgeordnete.
So werden auf der Greenpeace-Seite http://www.ttip-leaks.org u.a. weitgehende US-Forderungen schwarz auf weiß aufgeführt:
– Risikoprinzip: Die USA verlangen im Rahmen der Verhandlungen die Anerkennung des so genannten Risikoprinzips, das in den USA aktuell vorherrschend ist. Hierbei gilt ein Produkt so lange als sicher, bis das Gegenteil bewiesen ist. Die EU hingegen funktioniert nach dem so genannten Vorsorgeprinzip, bei dem bereits bei einem Risikoverdacht auf Schäden für Menschen, Tiere und Umwelt ein Verbot erfolgt. Eine Anerkennung des amerikanischen Risikoprinzips würde u.a. eine Öffnung des europäischen Marktes für bislang vorsorglich verbotene genmodifizierte Pflanzen oder andere Lebensmittel ermöglichen.
– Schiedsgerichte: Der von Seiten der EU vorgeschlagene Investitionsgerichtshof, der als Alternative zu den privaten Schiedsgerichten fungieren soll, wird von den USA bislang nicht akzeptiert. Schon der Vorschlag des Investitionsgerichtshofs ist in der EU umstritten, weil durch ihn eine Paralleljustiz für ausländische Investoren geschaffen wird.
– Zölle: Aus den Dokumenten geht hervor, dass die USA bei dem Verzicht auf Zölle bei Autoteilen auch europäische Zugeständnisse bei den Agrarprodukten erwarten, die aktuell in der EU noch stark durch hohe Zölle geschützt werden. Die Abschaffung der Importzölle bei Milch- und Fleischerzeugnissen könnte der traditionellen Landwirtschaft in Europa empfindlich schaden.
– Regulierungskooperation: Im Kapitel zu der so genannten Regulierungskooperation fordern die Vereinigten Staaten, dass der anderen Seite Pläne über neue Vorschriften mitgeteilt werden müssen, noch bevor diese konkret formuliert wurden – samt Erklärung zu den damit verbundenen Absichten sowie möglichen Alternativen. Dadurch steht zu befürchten, dass Parlamente in Zukunft teilweise entmachtet werden, da etwaige Gesetzesvorhaben, die den Handel einschränken könnten, erst mit den Amerikanern besprochen werden müssen.
„Sollten sich diese Forderungen bewahrheiten, stellen sich viele Befürchtungen als begründet heraus. Es steht bei Verhandlungen generell zu erwarten, dass zwar keine Partei ihre Positionen zu 100 Prozent durchsetzen kann, es aber zu Kompromissen kommen wird, die hiesige Standards senken oder Gesetzgebungsverfahren in Zukunft erschweren werden. Deshalb bin ich nach wie vor überzeugt, dass wir einen Stopp der Verhandlungen brauchen, um endlich ein demokratisch legitimiertes Verhandlungsmandat festzulegen, das verbindliche Garantien und rote Linien zum Schutz unserer europäischen Standards festhält. Dies auch, weil die zu erwartenden wirtschaftlichen Gewinne durch ein solches Abkommen in keiner Relation zu den politischen Konsequenzen und möglichen Gefahren stehen“, so Arimont abschließend.