Nach der Einigung des EU-Parlaments mit den EU-Mitgliedstaaten zur Reform der so genannten „Gemeinsamen Agrarpolitik“ (GAP) bewertet der ostbelgische EU-Abgeordnete Pascal Arimont diese als „ausgewogen“. „Auch wenn das Parlament sich nicht bei jeder Position hat durchsetzen können, ist das Ergebnis zufriedenstellend. So wie bei einem Kompromiss immer der Fall, musste auch das Parlament Zugeständnisse machen. Viele positive Punkte konnten wir aber durchsetzen“, zieht Arimont Bilanz. „Die Einigung ermöglicht einerseits, dass die Landwirte auch in Zukunft wirtschaftlich arbeiten können, andererseits werden aber auch deutliche Forderungen in Bezug auf den Klima- und Umweltschutz nach vorne gebracht. Diese Balance ist wichtig“, so Arimont.

Die Auflagen in diesem Bereich dürfen nicht so sein, dass sie die Arbeit der Landwirte praktisch unmöglich machen – so wie das einige in Bezug auf Umweltauflagen gefordert hatten. Auch der soziale und wirtschaftliche Aspekt ist wichtig. Wenn wir für die Landwirtschaft eine Zukunft bei uns wollen, dann muss sich die harte Arbeit lohnen – und die Vorgaben müssen berechenbar bleiben. Denn davon hängt ab, ob wir auch morgen noch hochwertige Lebensmittel aus der eigenen Region auf dem Teller oder im Glas haben. Wenn wir die Anforderungen zu extrem gestalten, verstärken wir unsere Abhängigkeit von Importen von außerhalb der EU und überlassen riesigen Agrarfirmen das Feld, die so wirtschaften, wie wir uns das nicht wünschen – zum Beispiel aus Südamerika. In diesem Sinne sind weniger die Banken als die Bauern systemrelevant für uns und unseren Alltag. Und das honoriert und berücksichtigt diese Reform auch“, erklärt der EU-Abgeordnete.

Dabei sind die Ziele immer noch sehr hochgesteckt. 35 Prozent der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums und 25 Prozent der Säule der Direktzahlungen werden an ökologische und umweltpolitische Maßnahmen gebunden. Landwirte erhalten Prämien, wenn sie sich an so genannten ‚Öko-Regelungen‘ beteiligen, also zum Beispiel verstärkt auf Weidehaltung setzen. Das ist für unsere Region gut, weil die Weidehaltung und die Pflege dieser Weiden hier praktizierter Alltag sind. Insgesamt sind diese Auflagen für die EU wichtig, denn auch die Landwirtschaft muss ihren Beitrag zum Klimaschutz und den ehrgeizigen Klimazielen leisten. Das geht aber nur mit den Landwirten – etwa durch konkrete Anreize – und nicht gegen sie“, so Arimont.

Insgesamt haben wir dafür gekämpft, dass der familiäre landwirtschaftliche Betrieb, wie wir ihn auch in Ostbelgien kennen, bevorzugt behandelt wird. Der Familienbetrieb steht für alles, was mit einer lokalen, vernünftigen, nachhaltigen und zukunftsorientierten Landwirtschaft verbunden ist. Sie sollte das Modell sein – nicht der Agrarriese, der keinen Bezug mehr zu den Tieren und der Arbeit auf dem Feld hat. In diesem Sinne ist es uns gelungen, sicherzustellen, dass eine Umverteilung der GAP-Mittel von größeren auf kleinere Betriebe erfolgt. Mitgliedstaaten sollen zum Beispiel mindestens zehn Prozent der Direktzahlungen für die Umverteilung an kleinere Betriebe vorsehen. Sie können aber auch andere Methoden einsetzen, um die EU-Mittel gerechter zu verteilen. Sie können beispielsweise einen Mechanismus einführen, um die jährlichen Direktzahlungen an Landwirte über 60.000 Euro um bis zu 85 Prozent zu senken und auf 100.000 Euro zu begrenzen. So fließen nicht unbegrenzte Mittel an Großgrundbesitzer und insgesamt bleiben mehr Mittel für Betriebe, die sie wirklich benötigen“.

Erstmals wird auch der Begriff des ‚aktiven Landwirten‘ in die Texte aufgenommen – ein Erfolg für das Parlament. Mitgliedstaaten müssen in ihre Strategiepläne eine Definition des Begriffs ‚aktiver Landwirt‘ aufnehmen, um sicherzustellen, dass die Unterstützung nur denjenigen gewährt wird, die ein Mindestmaß an landwirtschaftlicher Tätigkeit ausüben, ohne aber teilzeitbeschäftigte Landwirte auszuschließen. Auch mit der Stärkung der Krisenreserve hat sich das Parlament durchgesetzt. Diese wird zur Unterstützung der Landwirte bei Preis- oder Marktinstabilität als dauerhaftes Instrument eingerichtet, mit einem jährlichen Budget von 450 Millionen Euro“, so Arimont weiter.

Wichtig ist nicht zuletzt die Förderung von jungen Landwirten, die in den Beruf einsteigen. Ein Betrag in Höhe von mindestens drei Prozent des Budgets für Direktzahlungen eines Mitgliedstaats muss für Maßnahmen zur Unterstützung von Junglandwirten ausgegeben werden. Persönlich denke ich, dass die Mitgliedstaaten hier durchaus ambitionierter sein sollten, denn wir müssen unbedingt Anreize dafür schaffen, dass junge Menschen in diesen bedeutenden Beruf einsteigen. Dies kann die Wallonische Region tun. Wir müssen nämlich in den kommenden Jahren die große Generationenkluft bei den Landwirten überwinden, um die Landwirtschaft fit für die Zukunft zu halten“, macht Arimont deutlich.

Um in Kraft treten zu können, müssen die finalen Texte vom EU-Parlament und vom Rat der EU (Mitgliedstaaten) noch offiziell angenommen werden. Die neuen GAP-Vorschriften sollen dann ab dem 1. Januar 2023 gelten.

Die Verantwortung liegt nach der Reform stärker bei den Mitgliedstaaten, die mit ihren Strategieplänen die Leitlinien für die Umsetzung der GAP festschreiben. Die Wallonische Region wird auf unserem Gebiet also den Ton angeben. Bis zum Ende des Jahres wird sie ihre Leitlinien präsentieren müssen. Hier stehen in den kommenden Monaten also noch entscheidende Diskussionen an“, so der ostbelgische EU-Abgeordnete abschließend.